Einfach machen – und etwas wagen!

Bericht vom Grundlagenseminar 2024

„Einfach machen“ war einer der Impulse, die wir Teilnehmenden vom diesjährigen Grundlagenseminar mitgenommen haben. Er stammt von Birgit Halbe, die uns auf dem Klara von Assisi Weg in Elspe begleitet hat und eine der 5 KFD-Initiatorinnen dieses bislang in Europa einmaligen Projektes ist. Sich nicht von Widerständen abhalten zu lassen, sondern einfach zu tun. Auch innerhalb der Kirche. Dies in Anlehnung an die Hl. Klara, der die fünf Stationen des 8 km langen Rundganges gewidmet sind. Eine Frau, die sich von Widerständen und Widrigkeiten nicht hat abhalten lassen, ihren eigenen Weg zu „gehen“, wenngleich der im Gegensatz zu Franziskus nicht in Itineranz, sondern Standorttreue be“stand“. Klara lebte auch die zweite Wortbedeutung von einfach im Sinne von arm, schlicht, bescheiden.

Stationenweg zum Sonnengesang: Bruder Feuer
Stationenweg zum Sonnengesang: Schwester Tod
Stationenweg zum Sonnengesang: Schwester Wasser

„Einfach machen“ hätte auch das Motto des Vorbereitungsteams sein können. Nach Jahren des Wochenendformates in einem Bildungshaus kam nach der Schließung des Exerzitienhauses in Hofheim die Idee auf, mal ein neues Format auszuprobieren: Wir gehen Pilgern und verbinden es mit unserem Kernanliegen. So entstand „Barfuss im Herzen – Pilgern für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ und wurde vom 4.-7. Juli 2024 umgesetzt. Unser Stammquartier war der Pallotti-Jugendhof in Lennestadt-Altenhundem. Von ihm aus starteten wir zu zwei Pilgertouren. Zunächst aber ließen sich die 20 Teilnehmenden am Donnerstagabend nach einer Einstiegs- und Kennlernphase mit einem Stationenweg zum Sonnengesang in das Thema hineinnehmen. Das umliegende Gelände bot mit Feuerstelle, Parkanlage und Wald, einem Schulteich sowie dem Friedwald reichhaltige Anhaltspunkte zur Meditation einzelner Strophen des Sonnengesangs. Thomas Griese brachte sie uns über Zitate verschiedener Mystiker aus unterschiedlichen Religionen nahe.

Im Gemüsekollektiv Langenei

Der Pilgerweg am Freitag zum Thema „Schöpfung“ führte nach einem Morgenlob mit Gebet des hl. Patrick zum Gemüsekolleg in Langenei, wo uns die Diplom-Agrar-Ingenieurin und Umwelt-Pädagogin Anita Jung an einem außergewöhnlichen Ort erwartete. Zusammen mit sieben weiteren Frauen hat sie ein verkommenes Gärtnereigelände übernommen, das sie seit acht Jahren mit Gemüseanbau bewirtschaften. Dies nicht unter kommerziellen Gesichtspunkten. Wenn eine „Überproduktion“ gelingt, wird diese an einem Tag in der Woche abgegeben. Grundlage ist ein biologischer Anbau. Wir waren erstaunt, was uns Anita insbesondere auch über Wildkräuter alles zu erzählen wusste. Basis ihrer Ausführungen war die Erkenntnis, dass alles mit allem verbunden ist und auch Pflanzen sehr sensible Lebewesen sind, die mit ihren Wurzelspitzen wahrnehmen und durch verschiedene Stoffe, die wir u.a. medizinisch nutzen können, kommunizieren. Es ist fast wie beim Menschen: Manche können gut miteinander wie Karotte und Möhre und manche wie Tomate und Gurke gar nicht, so dass man sie nicht nebeneinander anbauen sollte. Beeindruckend war das aus China stammende „Kraut der Unsterblichkeit“, dass sich als Rankepflanze in einem der Gewächshäuser kräftig ausgebreitet hat. Ebenso die große Vielfalt unterschiedlicher Tomatensorten. Das Gehörte und Gesehene wurde dann in einer spirituellen Einheit vertieft, in der durch Musik, Gesang und kurze Impulse zusammen mit ihrer Kollegin Sigrid der Gedanke der Verbundenheit mit der Schöpfung auf meditative Weise in uns Raum gewann. Stellvertretend für die Lieder dieses heilsamen Singens sei nur eines zitiert: „Die Erde ruft, ich bin ihre Stimme, die Erde ruft, in mir wohnt ihr Klang. Die Erde ruft, in mir schlägt ihr Herz, trägt mich nach Haus.“ Es war dann Zeit, das Wahrgenommene auf dem Rückweg nachwirken zu lassen, sei es zu Fuß, sei es per Bus und auf dem Gelände des Jugendhofes. Nicht verschwiegen sei, dass sich die meisten zunächst vor dem Fernseher wiederfanden, um das EM-Spiel Deutschland gegen Spanien zu schauen, dessen Ergebnis die Freude des Tages leider nicht weiter steigerte. Ein Abendlob brachte dennoch die Eindrücke preisend und dankend vor Gott.

Klara von Assisi Weg in Elspe – Erste Station an der Pfarrkirche

Klara von Assisi Weg in Elspe – Letzte Station

Auch der Samstag brachte besseres Wetter als zunächst angekündigt mit sich, sodass wir nach einem Morgenlob mit Gebeten der Hl. Klara trockenen Fußes den bereits erwähnten Klara von Assisi Weg als Pilgerweg zu „Gerechtigkeit und Frieden“ gehen konnten. Elspe ist bislang vor allem durch die Karl-May-Festspiele bekannt. Seit vier Jahren ist eine neue Attraktion hinzugekommen, die an der Pfarrkirche beginnt und dort auch wieder endet. Jede der 5 Stationen besteht aus zwei Stehlen. Die größere beschreibt einen Aspekt aus dem Leben der Hl. Klara und vertieft ihn mit einem „Denkzettel“ und Fragen an das eigene Leben. Die kleinere Stele zeigt etwas Praktisch-Anschauliches: Eine Plakette, eine Klara-Figur, einen Minihabit, einen Spiegel, eine Weltkugel.

Die Texte finden sich unter: https://kfd-elspe.de/klara-von-assisi-weg/

Bei einer klarianisch geschulten Gruppe freute sich Birgit, einmal nicht bei „Null“ beginnen zu müssen, sondern gleich ins Spirituelle einsteigen zu können. Dass dem so ist, bestätigten wir durch die klarianischen Gesänge an jeder Station: „Herr, sei gelobt, weil du mich geschaffen hast“ und „Zu Großem sind wir berufen, Spiegel des Lichtes zu sein“ wurde durch andere passende Kurztexte wie „Mit den Armen der Armen alle Menschen umarmen“, „Herr, erwecke deine Kirche“ usw. ergänzt.

Stelen der Station an der Pfarrkirche

Auch ergab es sich, dass wir an einer Station uns um Punkt 12 h zum samstäglichen Mittagsgebet von Vivere dazuschalten konnten, wenn das Gebet von Papst Franziskus für die Erde gebetet wird.

Nach einem stärkenden Mittagsimbiss tauschten wir unter Moderation von Beate Krug die auf unseren beiden Pilgerwegen gemachten Eindrücke aus. Angesichts des doch sehr kräftigen länger anhaltenden Regens freute sich der Großteil, rechtzeitig wieder zuhause und nicht zu Fuß zurückgepilgert zu sein. Aber auch die Wetterharten kamen zwar feucht, aber unbeschädigt an. Am Abend gab es durch Stefan Federbusch einen historischen Abriss zum Konzialiaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung und dem, was sich seit 1983 auf politischer und kirchlicher Ebene alles getan hat. Jürgen Neitzert ergänzte es durch die franziskanische Ebene und es entwickelte sich ein lebendiger Austausch über das Erreichte und das leider immer noch Ausstehende. Eine Runde am Feuer sorgte für Wärme an den doch nicht ganz so lauen Sommerabenden.

Der Sonntag stand im Zeichen der Auswertung, für die wir uns zunächst zu zweit auf den Weg machten, um dann in plenarer Runde mit einem mitgebrachten Symbol noch einmal die gesamte Veranstaltung in den Blick zu nehmen. Spürbar war die Dankbarkeit, zwei „Frauenkollektive“ erlebt zu haben, deren Vertreterinnen auf sehr authentische Art uns von ihrer Leidenschaftlichkeit zu berichten wussten und uns mit hineingenommen haben in das, was sie bewegt und in ihren Ansatz, die Welt zu verbessern. Positiv gewürdigt wurde die Zeit, die wir hatten mit einem Tag mehr wie sonst, mit der Zeit zum Nachklingen lassen, mit dem Pilgern und Unterwegssein, mit dem sehr sinnenträchtigen und praktischen Ansatz, mit den vertrauensvollen Begegnungen untereinander und dem schnellen geschwisterlichen Vertrautwerden miteinander, insbesondere bei denjenigen, die erstmalig teilgenommen haben. Der Wandel wurde auch darin deutlich, dass von den 20 Teilnehmenden „nur“ noch vier Ordensleute waren und die anderen aus den Gruppierungen OFS, Vivere, Gefährten des hl. Franziskus und Franziskuskreis Attendorn stammten.

Br. Stefan Federbusch in Vorbereitung des Abschlussgottesdienstes – Foto: Stephanie Schaerer

Das Wetter meinte es gut mit uns und so konnten wir den Abschlussgottesdienst draußen am Feuerplatz feiern, versammelt um den, der für uns Feuer und göttliche Leidenschaft ist. Die Eucharistie war geprägt durch die Beteiligung aller in Form einer Klagelitanei zum Kyrie, des (Mit)Teilens von biblischen Impulsen zum Evangelium und der Danksagung zur Präfation. Mit dem persönlichen Segen und gezeichnet vom Tau ging es nach dem Mittagessen auf die Heimreise, um für andere zum Segen zu werden. „Einfach machen“, um barfuß im Herzen das Not-wendige zu tun und um franziskanisch einfach im Sinne von Genügsamkeit zu leben. „Einfach machen“ – das Experiment des Pilgerns für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung hat sich gelohnt und darf gerne in zwei Jahren wiederholt werden.

Im kommenden Jahr wird das Grundlagenseminar vom 11.-13. Juli 2025 in gewohnter Weise in Haus Klara in Oberzell stattfinden.

Text und Bilder: Br. Stefan Federbusch