Fest des Hl. Bonaventura (15. Juli)

In diesen Jahren feiern wir große franziskanische Jubiläen: im vergangenen Jahr 800 Jahre Ordensregel und 800 Jahre Weihnachten in Greccio, in diesem Jahr 800 Jahre Stigmatisation des hl. Franziskus, nächstes Jahr 800 Jahre Sonnengesang und 2026 800 Jahre Tod von Franziskus.

Gemälde des Hl. Bonaventura im Kapuziner-Konvent St. Konrad in Altötting – Foto: Stefan Federbusch

Am 15. Juli 2024 gedenken wir des 750. Todestages des hl. Bonaventura. Er ist 1221 geboren, also fünf Jahre vor dem Tod des hl. Franziskus. Später wurde er Leiter der weltweiten Bruderschaft und hatte die nicht leichte Aufgabe, den Orden zusammenzuhalten, der von inneren Spannungen über die rechte franziskanische Lebensweise geprägt war und zugleich bedroht durch äußere Einflüsse.

Ein kleines Gedankenexperiment: Vermutlich haben Sie schon einmal den Gedanken gehabt: Was wäre gewesen, wenn ich mich damals anders entschieden hätte? Wie wäre mein Leben verlaufen? Wie sähe es jetzt aus?

Diese persönliche Frage lässt sich auch in der Politik oder für die Gesellschaft stellen. Wir können Sie auch einmal durchdenken für die Kirche und die Theologie. Was wäre gewesen, wenn sich eine andere theologische Denkrichtung durchgesetzt hätte? Wenn nach dem größten Theologen überhaupt gefragt wird, dann dürfte Thomas von Aquin die meistgenannte Antwort sein. Denn seine scholastische Theologie ist bis heute maßgeblich für die Lehre der katholischen Kirche. Und doch gibt es auch andere bedeutsame Denkrichtungen, die sich letztlich nicht so durchgesetzt haben, die aber ebenso ihren Wert haben.

Die großen Denkschulen unterscheiden sich in ihrer Verbindung zur griechischen Philosophie. Thomas von Aquin und Albertus Magnus stützten sich auf Aristoteles, während Bonaventura in der Tradition von Platon und Augustinus stand. Übrigens auch Josef Ratzinger, unser späterer Papst Benedikt XVI. Der griechische Philosoph Platon steht für die Ideenlehre, nach der hinter allem eine Idee steht. Bonaventura hat dies für die Theologie übernommen, dass der Gottesgedanke in uns wohnt wie die Erinnerung an ein heimatliches Land. Der Gottesgedanke ist in unserm Bewusstsein tief eingebettet.

Die franziskanische Theologie ist eine sehr sinnenträchtige Angelegenheit. So wie für Franziskus ist auch für Bonaventura die Natur ein Abglanz der höchsten Güte und Schönheit Gottes. Er sagt: „Wer vom Glanz der geschaffenen Dinge nicht erleuchtet wird, ist blind; wer durch dieses laute Rufen der Natur nicht geweckt wird, ist taub; wer von diesen Wundern der Natur beeindruckt, Gott nicht lobt, ist stumm; wer durch diese Signale der Welt nicht auf den Urheber hingewiesen wird, ist dumm.“

Wir können Gott also wahrnehmen und erkennen durch das, was er geschaffen hat, wir können vom beleuchteten Gegenstand auf die Quelle des Lichtes schließen und wie die Stufen einer Leiter führt uns die Erkenntnis zum Schöpfer selbst. Was wäre gewesen, wenn sich diese sinnenfreudige und mehr gefühlsbetonte Theologie in der Kirche durchgesetzt hätte und weniger die eher nüchterne vernunftbetonte Theologie der Scholastik?

Wir wissen es letztlich nicht, aber wir sind eingeladen, mit allen Sinnen nach Gott zu spüren. Dafür bietet sich die Ferien- und Urlaubszeit an, die Schöpfung als Ab­glanz der höchsten Güte und Schönheit Gottes wahrzunehmen und zu genießen. Mit der positiven Weltsicht von Bonaventura gilt es offen zu bleiben für die Güte Gottes in der Welt. „Öffne darum die Augen, wende dein geist­liches Ohr ihnen zu, löse deine Zunge und öffne dein Herz, da­mit du in allen Kreaturen deinen Gott entdeckest, hörest, lobest, liebest…“

Br. Stefan Federbusch

 

Artikel von Paul Zahner OFM: “Feuersglut himmlischer Sehnsucht”. 750. Todestag Bonaventuras:

Paul Zahner - Bonaventura

 

BRIEF DER GENERALMINISTER DES ERSTEN ORDENS UND DES REGULIERTEN DRITTEN ORDENS zum 750. Todestag des hl. Bonaventura: Der hl. Bonaventura – eine Stimme, die auch heute noch aktuell ist

Bonaventura-Jubilaeum-2024