Elisabeth

Elisabeth von Thüringen

(1207-1231)

Elisabeth von Thüringen wird 1207 auf der Burg Sárospatak bei Preßburg in Ungarn als Tochter des Königs Andreas II. und seiner Frau Gertrud von Andechs-Meranien geboren. Ihre Mutter stirbt 1213, als sie wegen Habgier von aufgebrachten Untertanen umgebracht wird. Elisabeth hatte noch drei Brüder und eine Schwester.

Elisabeth als Prinzessin von Thüringen

Grenzüberschreitungen I:
Kulturen und Konventionen

Bereits im Alter von vier Jahren kommt Elisabeth auf die Wartburg und wird mit dem ältesten Sohn des Landgrafen Hermann verlobt. Elisabeth lernt Lesen und Schreiben und wird in die höfische Lebensweise eingeführt. Mit 14 Jahren erfolgt die Heirat mit Landgraf Ludwig IV., nachdem der eigentlich vorgesehene ältere Bruder Hermann 1217 früh verstorben ist.

Elisabeth ist somit bereits als Kind ein Spielball der politischen Interessen. Die Landgrafen von Thüringen waren dem deutschen Kaiserhaus der Staufer eng verbunden. Gemeinsam mit dem weit verzweigten Haus von Andechs-Meranien bilden sie die antiwelfische Opposition gegen Kaiser Otto IV. Die Ehe zwischen Ludwig und Elisabeth sollte der Festigung dieser Beziehung dienen.

Elisabeth als Gattin und Landgräfin

Grenzüberschreitungen II:
auf dem Weg zum Du

Die Hochzeit findet 1221 in Eisenach in der Georgenkirche statt. Ludwig regiert bereits seit vier Jahren als Landgraf, da neben seinem Bruder auch sein Vater 1217 verstarb.

Übereinstimmend wird berichtet, dass Elisabeth und Ludwig sich trotz arrangierter Ehe zärtlich liebten und die Ehe sehr glücklich gewesen ist. Aus ihr gehen drei Kinder hervor: Hermann II. (1222-1241), Landgraf von Thüringen, Sophia (1224-1275), Herzogin von Brabant – verheiratet mit Heinrich II., Herzog von Brabant, und Gertrud (1227-1297), Äbtissin des Klosters Altenberg bei Wetzlar.

Elisabeth als Mutter und Fürstin

Grenzüberschreitungen III:
gegen Armut und Hunger

Den Herrschersitz der thüringischen Landgrafen, die Wartburg über der Stadt Eisenach, erlebt Elisabeth in dieser Zeit als Schauplatz verschwenderischen Lebens und als Ziel von Dichtern und Sängern wie Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach. Ihr Gerechtigkeitssinn wird darin deutlich, dass sie sich weigert, Speisen zu essen, die aus ungerechten Verhältnissen stammen, die also den Bauern im damaligen Lehnssystem abgepresst waren.

Ihre Haltung demonstriert Elisabeth auch dadurch, dass sie beim Gottesdienst in der Liebfrauenkirche in Eisenach die Krone absetzt. Von ihrer Schwiegermutter Sophie dafür getadelt, antwortet Elisabeth: „Wie kann ich eine goldene Krone tragen, wenn der Herr eine Dornenkrone trägt? Und er trägt sie für mich!“

Ihre Zuwendung gilt von Anfang an den Armen. Im Frühjahr 1216 weilt ihr Mann auf dem Reichstag in Cremona in Italien. Zusammen mit Kaiser Friedrich II. legt er dort die Kreuzzugsgelübde ab. Überflutung, Hunger und Seuchen suchen Thüringen heim. Elisabeth lässt die Kornkammern der landgräflichen Besitzungen öffnen und Korn an die Bedürftigen verteilen. Rund 900 Bedürftige speist sie tagtäglich allein rund um die Wartburg. Das löst großes Missfallen bei den anderen Familienmitgliedern aus, wird jedoch von ihrem Mann gebilligt. Zwischen 1223 und 1226 stiftet er in Gotha ein Hospital zur Versorgung der Kranken. Auf die Initiative von Elisabeth hin entsteht 1226 auch unterhalb der Wartburg ein solches Hospital mit 29 Betten. Elisabeth ähnelt in ihrem Denken und Handeln Franziskus, von dem sie durch die Brüder erfährt, die ab 1223 auch Eisenach erreichen. Bruder Rodeger wird ihr persönlicher geistlicher Ratgeber. 1227 stiften Ludwig und Elisabeth in unmittelbarer Nähe ihrer Stadtresidenz in Eisenach ein Franziskanerkloster.

Die Einstellung Elisabeths spiegelt die bekannteste Erzählung, die Legende vom Rosenwunder wider, die eigentlich auf Elisabeth von Portugal zurückgeht: Die Legende trifft genau den Kern ihrer Gesinnung, nämlich die Hinwendung zu den Armen und Kranken, den Benachteiligten der Gesellschaft.

Ein gravierender Einschnitt ist für Elisabeth 1227 die Entscheidung ihres Mannes, am 6. Kreuzzug teilzunehmen. Zum dritten Mal schwanger, begleitet sie Ludwig bis nach Schmalkalden, um ihn dort endgültig zu verabschieden. Sie wird ihn nicht wieder sehen. Im süditalienischen Otranto stirbt Ludwig am 11. September 1227 an einer Seuche, vermutlich der Pest. Die Nachricht erhält Elisabeth erst im Oktober, kurz nachdem sie ihr drittes Kind zur Welt gebracht hatte. Um die ihr zustehenden Witwengüter kommt es zum Streit mit ihren Schwägern, Landgraf Heinrich IV. Raspe (1202-1247) und Konrad von Thüringen (1206-1240).

Ab 1226 tritt Konrad von Marburg in ihr Leben. Er war in päpstlichem Auftrag Kreuzzugsprediger und Ketzerverfolger. Im Oktober 1231 wird er zum selbstständigen Ketzerrichter mit weitreichenden Vollmachten ernannt. Mit ausdrücklicher Billigung ihres Mannes Ludwig übernimmt er das Amt des Beichtvaters von Elisabeth. Als geistlichem Begleiter gelobt ihm Elisabeth absoluten Gehorsam. Bereits vor dem Tod ihres Mannes hatte Elisabeth 1226 gelobt, im Falle seines Todes auf eine erneute Heirat zu verzichten und keusch zu leben. Am Karfreitag 1228 (24. März) entsagte sie in der Eisenacher Franziskanerkirche allem weltlichen Besitz, ihren Kindern und ihrem eigenen Willen. Die Rolle, die Konrad von Marburg für Elisabeth spielte, ist aus heutiger Sicht höchst fatal. Mit Zustimmung des Papstes hatte er sich zum „defensor“, zum Beschützer der Fürstenwitwe gemacht, was quasi eine totale Vormundschaft bedeutete, durch die Elisabeth ihm restlos ausgeliefert war bis hin zu Geißelungen. Konrad entfernte ihre beiden langjährigen Dienerinnen Isentrud von Höselgau und Guda und ersetzte sie durch zwei andere Frauen.

Elisabeth als Witwe und Verstoßene

Grenzüberschreitungen IV:
Ausstieg und Abstieg

1228 muss Elisabeth die Wartburg verlassen. Sie wohnt zunächst, von der Bevölkerung verachtet, den Winter über in einem Schweinestall. Konrad verbietet ihr zu betteln und ein radikales Armutsgelübde abzulegen. Ihre Tante, die Äbtissin Mechthild von Kitzingen, holt Elisabeth zu sich und schickt sie weiter zu ihrem Onkel, Bischof Ekbert von Bamberg. Dieser bringt sie auf der Burg Pottenstein in Oberfranken unter. Er empfiehlt ihr zu ihrem Besten dringend eine neuerliche Vermählung (der verwitwete Kaiser Friedrich warb um sie), doch Elisabeth weigert sich angesichts ihres Gelübdes.

Zur Beisetzung der Gebeine ihres Gemahls (es wurde nach Dietrich v. Apolda nur das Skelett ohne Fleisch begraben) im Kloster Reinhardsbrunn kehrt Elisabeth im Mai 1228 noch einmal nach Thüringen zurück.

Sie zieht dann nach Marburg, wo sie ebenfalls ein Hospital mit 25 Plätzen gründet. Die Kapelle diese Hospitals bekommt das Patronat des hl. Franziskus. Sie ist damit die erste Franziskus geweihte Kirche nördlich der Alpen.

Ihre Kinder vertraut sie in der Obhut anderer an. Ihre Tochter Gertrud gelangt im Alter von zwei Jahren ins hessische Prämonstratenserinnenkloster Altenberg, wo sie bereits im Alter von 21 Jahren Äbtissin wird. Sie ist 1348 von P. Clemens VI. selig gesprochen.

Elisabeth als Schwester und Gefährtin

Grenzüberschreitungen V:
alles geben, selbst das Leben

Elisabeth widmet sich nun ganz der Krankenpflege. Ihr Leitmotiv dabei ist: „Wir sollen die Menschen fröhlich machen“. Sie selbst entwickelt dabei eine ungewöhnliche Heiterkeit, die zeigt, dass ihr aufreibender Dienst an den Aussätzigen nicht Ausdruck einer verkrampften Selbstlosigkeit, sondern Folge einer engen Beziehung zu Jesus Christus ist. Ihn sieht sie in den Geringsten seiner Schwestern und Brüder, aus dem Glauben an ihn erfährt sie die Kraft zur Nachfolge, wohin er ruft und führt. Elisabeth steht hier in enger geistig-geistlicher Verwandtschaft zu Franziskus, dessen Spiritualität sie durch die Franziskaner-Brüder und ihren geistlichen Ratgeber Bruder Rodeger kennen gelernt hat. Dass sie im Frühjahr 1229 – wie in einigen Biografien beschrieben – in den Dritten Orden der Franziskaner eintritt, ist insofern unzutreffend, als es diesen im kirchenrechtlichen Sinne noch gar nicht gab.

Drei Jahre scheut Elisabeth keine Strapazen und Entbehrungen. In der Nacht vom 16. auf den 17. November des Jahres 1231 stirbt sie im Alter von erst 24 Jahren vermutlich an Tuberkulose. Nachdem die Todesnachricht sich in Windeseile verbreitet hat, strömen Tausende von Menschen herbei, um die Verstorbene noch einmal aufgebahrt zu sehen. Am 19. November 1231 wird Elisabeth in der Franziskuskapelle ihres Hospitals beigesetzt. Rasch verbreitet sich die Kunde von Wundern, so dass Konrad sich bereits im Frühjahr 1232 in einem Bericht an den Papst für die Heiligsprechung der verstorbenen Landgräfin einsetzt. Den positiven Ausgang des Heiligsprechungsverfahrens 1235 erlebt er aber nicht mehr. Im Juli 1233 wird er von Adligen, die er erbarmungslos hatte verfolgen lassen, erschlagen. 1234 tritt der Schwager Elisabeths, Konrad von Thüringen, in den Deutschen Orden ein. Die Ludowinger übertragen dem Ritterorden das Hospital Elisabeths in Marburg und bemühen sich um die Kanonisation der ehemaligen Landgräfin.

P. Gregor IX. spricht sie am 27. Mai 1235 (Pfingsten) heilig. Am 14. August 1235 beginnt der Deutsche Orden über ihrem Grab mit dem Bau der ersten deutschen Hallenkirche der Gotik, die am 1. Mai 1283 geweiht wird. Die Gebeine der hl. Elisabeth werden 1236 in Gegenwart von Kaiser Friedrich II. erhoben (Translation) und im Nordchor der Kirche beigesetzt. Zwischen 1280 und 1290 wird das Grab mit einem kastenförmigen Aufsatz (Tumba) versehen und mit einem prächtigen gotischen Baldachin überwölbt. Während der Reformation lässt der zum Protestantismus übergetretene Philipp I. von Hessen Elisabeths Gebeine, die als Reliquien verehrt wurden, 1539 aus dem Sarg entfernen, um ihre religiöse Anziehungskraft zu beenden.

Die Anziehungskraft der hl. Elisabeth ist bis heute aber ungebrochen. Hunderte von Kirchen sowie zahllose caritative Einrichtungen wie Krankenhäuser und Altenheime tragen ihren Namen.

Eigene Schriften hat Elisabeth nicht hinterlassen.

Br. Stefan Federbusch ofm

Weitere Informationen finden sich unter:

www.heilige-elisabeth-von-thueringen.de

www.800-jahre-elisabeth.de

www.helmut-zenz.de/hzelisab.htm

www.gothaerhefte.de/elisabeth

Ein kurzes Lebensbild der hl. Elisabeth von Angelika Prauß:
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